Das Legen einer Sonde ist für viele Betroffene und Angehörige mit Angst und Unsicherheit verbunden. Oft kommen Fragen auf, wie zum Beispiel: Was passiert bei dem Eingriff, was bringe ich mit in die Klinik und wann ist der beste Zeitpunkt?
Am Anfang hatten mein Mann und ich Angst. Wir machten uns Sorgen über die Schmerzen, die unsere Tochter Amalia dadurch haben könnte, über die zusätzliche Arbeit, über die Einschränkungen (können wir kuscheln oder schwimmen?), und natürlich darüber, was andere Leute darüber denken würden.
Das wichtigste vorweg: Keine Angst vor einer Sonde! Es kann sogar sein, dass eine Magensonde euer Leben massiv erleichtert.
Als bei Amalia das Thema Magensonde aufkam, hatten wir gerade viele medizinische Veränderungen und waren ziemlich überwältigt. Es fiel schwer sich da auch noch auf die bevorstehende Sonden-Legung zu konzentrieren. Im Nachhinein hätten wir uns auf vieles besser vorbereiten können, sowohl emotional als auch organisatorisch.
Auf viele der aufkommenden Frage kann der behandelnde Facharzt (beispielsweise der Gastroenterologe oder Onkologe) und/oder Chirurg in der Klinik die besten Antworten geben. In diesem Artikel wollen wir dir aber sechs weitere Punkte zur Vorbereitung mitgeben, die wir damals gerne gewusst hätten.
1. Beratung suchen
Wir hatten mit Amalia das Glück, dass wir uns aktiv für das Legen der Ernährungssonde entschieden haben und die Entscheidung nicht in einem medizinischen Notfall fiel. Das ist nicht immer möglich, aber wenn du die Gelegenheit hast, solltest du dich vor der Operation ausführlich von dem behandelnden Facharzt beraten und dir den Ablauf der Operation, Risiken und Vor- und Nachteile erklären lassen.
Insbesondere empfehlen wir sich zu den verschiedenen Sondentypen beraten zu lassen. Neben der Unterscheidung in Nasen– und Magensonde gibt es weitere Formen (nasojejunal, gastrojejunal, PEG, PEG/J usw.). Und neben medizinischen Aspekten wirkt sich die Wahl aufgrund ihrer Größe und Handhabung auch auf den Alltag aus. Wir hatten zB einen "Mic-Key Button" (siehe Bild unten links - "low profile device"). Der ist relativ klein und hat keinen (!) permanenten Schlauch "am Bauch runterhängen".
Bilder Quelle: UC Davies Health, Children Hospital - link unten |
Inzwischen ist das Legen und der Umgang mit einer Sonde für viele Ärzte und Pflegekräfte ein Standardeingriff, weshalb die Beratung vielleicht kurz ausfallen kann. Zögere aber nicht, vorab Fragen zu stellen und deine Unsicherheiten, auch was das Leben mit der Sonde nach der OP betrifft, anzusprechen. Denn es gibt keine dummen Fragen!
Wir haben auch viel Unterstützung in den Selbsthilfegruppen für Amalias Krankheit gefunden, weil fast jede Familie war schon einmal mit der gleichen Situation konfrontiert war, als bei ihren Betroffenen eine Ernährungssonde gelegt wurde. Such in diesen Gruppen insbesondere nach nicht-medizinischer Unterstützung.
2. Positive Gedanken
Auch wenn der Gedanke an eine Sonde und "enterale Ernährung" Angst bereiten kann: versuche, dich auf die positiven Effekte zu konzentrieren. Viele Sondenträger und Pflegende empfinden, dass die Ernährung mittels Sonde langfristig den Alltag verbessert.
Wir können das aus eigener Erfahrung nur bestätigen: Amalia hatte mit Fortschreiten ihrer Krankheit eine immer schlimmer werdende Schluckstörung und damit ein hohes Risiko, zu ersticken. Das Essen wurde zu einer echten Herausforderung, und dann verlor sie auch noch erheblich an Gewicht. Die Entscheidung zur Magensonde fiel nicht leicht und wir haben lange zu Hause diskutiert - "was tun wir Amalia damit nur an?". Und natürlich so praktische Fragen wie "Kann die Magensonde beim Kuscheln aus Versehen rausgezogen werden?" oder "Können wir dann noch im Hallenbad schwimmen gehen?".
Am Ende war es die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. Als Amalia ihre Ernährungssonde gelegt wurde, machte das einen großen Unterschied. Allein das Wissen, dass wir sie auf sicherem Wege ernähren und ihr Medikamente geben konnten, gab uns eine Sicherheit und Ruhe, die wir vorher nicht hatten. Jetzt brauchten wir uns keine Sorgen mehr zu machen, dass sie ersticken könnte und konnten uns voll und ganz auf ihre richtige Ernährung konzentrieren. Und Dank pürierter Nahrung (blenderized diet) oder Produkten wie simplee Gemüse-Sondennahrung muss die Ernährung mittels Sonde kein Verzicht auf gesunde und echte Nahrung darstellen.
Obwohl es damals so schwierig erschien, haben wir die Entscheidung zur Magensonde für Amalia nie bereut.
3. Information ist alles – aber in Maßen
Wenn du die Gelegenheit hast, dann versuche dich vorab mit dem Equipment und der Handhabung der Sonde vertraut zu machen. Hier ist aber das Maß entscheidend, denn zu viele Informationen können zusätzlich verunsichern. Vor der Operation musst du nicht alles wissen, die wichtigsten Punkte wird dir später eine Pflegekraft bzw. ein Homecare-Mitarbeiter erklären. Ideal ist es daher, bereits vor dem Eingriff Homecare-Dienstleister in deiner Nähe zu suchen und zu befragen, mit welchen Produkten sie arbeiten. Oft können die Krankenhäuser erste Empfehlungen geben, in der Regel hast du aber die freie Wahl – auch was die spätere Versorgung mit der Sondennahrung betrifft. Solltest du dich vorher für eine bestimmte Nahrung entschieden haben (zum Beispiel, weil eine Unverträglichkeit gegen Laktose, Soja o.Ä. vorliegt), kannst du sie ggf. zum Tag der Operation mitbringen.
4. Ruhe und leichte Kost
In der Regel darf 8 bis 12 Stunden vor der Operation keine Nahrung und Flüssigkeit mehr aufgenommen werden, genauere Informationen dazu wird dir dein Arzt mitteilen. Am Tag zuvor ist es vorteilhaft, nur leichte Kost und kleine Portionen zu essen, um den Körper an das „Fasten“ zu gewöhnen. Ruhe und ausreichend Schlaf kann dir helfen, die Erschöpfung am Tag des Eingriffs und danach zu verringern.
5. Kliniktasche packen
Sobald der Eingriff überstanden ist und sich die erste Unsicherheit gelegt hat, gilt es die Zeit im Krankenhaus zu überbrücken. Folgende Dinge können dir dabei helfen:
- Bequeme Kleidung (ohne Knöpfe oder Reißverschluss), die sich leicht ausziehen lässt
- Wenn deinem Kind eine Sonde gelegt wird, dann vielleicht auch 1-2 praktische "Sonden-Bodies". Wir haben diese benutzt: Link
- Warme Socken und Hausschuhe
- Bücher, Zeitschriften, Tablets, Puzzles, Musik
- Bei Kindern evtl. Spielzeug und definitiv das Lieblings-Kuscheltier zu Hause nicht vergessen (sofern das die Hygienevorschriften erlauben)
6. OP-Termin nicht aufschieben
In einigen Fällen wird eine Sonde im Notfall gelegt, in anderen ist der Eingriff absehbar. Das Hinauszögern der Operation ist außer nach Absprache mit deinem Arzt nicht sinnvoll, besonders wenn du bereits länger unter Gewichtsverlust und anderen (Verdauungs-) Problemen leidest. Je besser es dir vor dem Eingriff geht, desto schneller erholt sich dein Körper in der Regel. Bedenken, Fragen und Unklarheiten solltest du in jedem Fall vorher mit den behandelnden Fachärzten besprechen.
Eine wirkliche gute Aufklärungsseite ist diese hier - aber leider auf Englisch!
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